Bis Ende Januar 2023 müssen 36 Millionen Haushalte Ihre Grundstücksdaten für die neue Berechnung der Grundsteuer abgeben. Doch wissen Sie eigentlich, warum die Grundsteuer reformiert werden muss? Und welche Konsequenzen sich für Eigentümer schon jetzt abzeichnen?
Im folgenden Beitrag möchten wir Sie über die Hintergründe der Grundsteuerreform informieren. Dabei gehen wir darauf ein, was eine Grundsteuer überhaupt ist, wie sie berechnet wird, warum sie geändert werden muss und was Grundstückseigentümer zukünftig erwarten können.
Die Grundsteuer ist eine jährliche Steuer, die auf den Grundbesitz erhoben wird, der im Gebiet der Gemeinde liegt.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen der Grundsteuer A, der Grundsteuer B sowie der Grundsteuer C, die mit der Grundsteuerreform ab dem 01.01.2025 eingesetzt werden kann. Die Grundsteuer A betrifft agrarischen Grundbesitz, die Grundsteuer B baulich genutzten Boden und die Grundsteuer C unbebaute Flächen, wie zum Beispiel Baulücken.
Die Grundsteuerreform betrifft vorrangig die Grundsteuer B. Für landwirtschaftliche Flächen ändert sich damit nichts.
Die Grundsteuer muss grundsätzlich vom Eigentümer des Grundbesitzes, also dem Besitzer des Grundstücks und, sofern vorhanden, des Gebäudes gezahlt werden. Die Grundsteuer A wird dementsprechend von Land- und Forstwirtschaftsbetrieben, die Grundsteuer B von Privatpersonen entrichtet.
Allerdings ergibt sich bei der Grundsteuer B im Fall von vermieteten Objekten eine Besonderheit. Denn hier lässt sich die Steuer auf die Mieter umlegen. Damit ist sie für Eigentümer von Vermietungsobjekten ein „durchlaufender Posten“.
Die Einnahmen der Grundsteuer, welche sich in Deutschland auf insgesamt ca. € 15 Milliarden jährlich belaufen, sind für Gemeinden elementar, da sie für die Finanzierung sozialer und öffentlicher Einrichtungen, wie Schulen, Kindergärten, Schwimmbäder oder Infrastrukturprojekte genutzt werden. Laut Bundesfinanzministerium gehört die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen einer Gemeinde.
Die Grundsteuer ist eine sogenannte Realsteuer. Daher ist sie nicht abhängig vom Einkommen des Eigentümers, sondern vom Sachwert des Eigentums – also dem Wert des bebauten oder unbebauten Grundstücks.
Sie wurde bisher in mehreren Schritten berechnet. Zuerst wird der sogenannte Einheitswert durch die Finanzämter berechnet. Dieser wird dann mit der gesetzlichen Steuermesszahl, die abhängig von der jeweiligen Grundstücksart festgesetzt wird, multipliziert. Das Ergebnis ist der sogenannte Steuermessbetrag, welcher dann wiederum mit dem Hebesatz der Gemeinde für die finale Berechnung der Grundsteuer multipliziert wird.
Die Grundsteuer B basierte also im ersten Schritt auf dem sogenannten „Einheitswert“. Die Berechnung dieses Wertes obliegt, wie oben beschrieben, dem Finanzamt. Allerdings wurden für die Berechnung des Einheitswertes Grundstückswerte herangezogen, die aus dem Jahr 1964 (alte Bundesländer) und dem Jahr 1935 (neue Bundesländer) stammen. Die jahrzehntealten Grundstückswerte und die regional unterschiedliche Entwicklung der Immobilienwerte seither führten unterdessen zu gravierenden Unterschieden in der Steuerlast für gleichartige Grundstücke. Beispielsweise sind die Einheitswerte im Westen Berlins doppelt so hoch, als die im Osten der Stadt.
Durch die bestehende Berechnung werden gleichartige Grundstücke werden unterschiedlich hoch besteuert.
Beispielhaft führt das Bundesfinanzministerium drei Praxisbeispiele auf, die die extremen Unterschiede der bisherigen Grundsteuerzahlungen bei vergleichbaren Immobilien in ähnlichen Lagen darstellt.
Aus diesem Grund hat das Bundesverfassungsgericht die Regelung der Grundsteuer im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt, da die Berechnungsmethode zu massiven und umfassenden Ungleichbehandlungen führt. Aus diesem Grund muss eine Neuregelung gefunden werden. Hierfür mussten die einzelnen Bundesländer entscheiden, ob sie eine vom Bund entwickelte Einheitslösung annehmen, oder eine eigene Lösung verfolgen.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die neue Berechnungsmethode die Faktoren Lage, Größe und Nutzung miteinbezieht, sodass es für per se gleichartige Grundstücke keine signifikanten Unterschiede im Ausweis der Grundsteuer mehr gibt.
Die Grundsteuer soll laut „Scholz’schem Bundesmodell“ in drei Schritten berechnet werden. Zuerst wird der Wert durch den Bodenrichtwert und die statistisch errechnete Nettokaltmiete bestimmt. Aus diesem Grund ist neben der Grundstücksfläche auch die Nutzungsart, das Alter des Gebäudes (Baujahr), sowie die Wohnfläche von Bedeutung.
Im zweiten Schritt wird die Steuermesszahl gesenkt, um die Wertsteigerungen, die im Vergleich zu den herangezogenen Grundstückswerten aus den Jahren 1964 und 1935 entstehen, auszugleichen.
Im dritten Schritt sollen die Kommunen den Hebesatz anpassen, wenn sich die Gesamtgrundsteuer aufgrund der Neuberechnung signifikant verändert. Denn die Erhöhung des Gesamtsteueraufkommens soll vermieden werden. Es geht vielmehr um eine gerechte Verteilung der Steuerlast.
Sozialer, kommunaler und genossenschaftlicher Wohnungsbau wird außerdem durch einen weiteren Abschlag bei der Steuermesszahl proaktiv gefördert. Zudem soll die Grundsteuer C eingeführt werden.
Grundsteuer C für baureifes Land
Aufgrund des massiven Wohnraummangels in Deutschland wird neben dem Neubau vor allem auch die Nutzung von frei liegenden Flächen gefordert. Das Nachverdichtungspotential in deutschen Städten ist enorm groß und kann bei der Bekämpfung der Wohnungsnot sehr kurzfristig Abhilfe schaffen, da das Baurecht nicht extra geschaffen werden muss.
Zudem betreiben viele Investoren und Immobilienunternehmen spekulativen Grundstückshandel. Sie kaufen baureife Flächen auf und lassen Sie in Antizipation auf eine Wertsteigerung ungenutzt liegen.
Dem soll mit der neuen Grundsteuer C nun entgegengewirkt werden. Brachliegende oder freie Flächen, die bebaut werden könnten, sollen zukünftig extra besteuert werden. In der Umsetzung sieht das folgendermaßen aus: Die Gemeinden legen einen höheren Hebesatz fest, wenn ein baureifes Grundstück nicht bebaut wird. Das generelle Halten von baureifen Grundstücken und die Bodenspekulation wird somit verteuert.
Dadurch dass die Grundsteuer C in das Grundsteuerreformgesetz durch den Bund verankert wurde, ist die Voraussetzung für alle Länder geschaffen, diese Sondersteuer einzusetzen – ganz gleich, ob sie das Bundesmodell nutzen, oder nicht.
Während die Mehrheit der Länder das Bundesmodell oder eine angepasste Form dessen umsetzen, verfolgen fünf Länder einen eigenen Weg:
Die Grundsteuer wird in Bayern nach dem Flächen-Modell nur noch von der Fläche, also der Größe des Grundstücks und des Gebäudes, abhängen. Bessere oder schlechtere Lagen spielen zukünftig keinerlei Rolle mehr bei der Bewertung.
Die Freien Wähler betonten zudem im Dezember 2022, dass sie in der Regierung keiner Grundsteuer C zustimmen würden, auch wenn die CSU sie fordert. Bayern ist damit das einzige Bundesland, dass die Sondersteuer nicht einsetzen wird.
In Baden-Württemberg wird der Grundsteuerwert nur noch von der Lage (Bodenrichtwert) und der Größe des Grundstücks abhängen, aber nicht mehr von der Bebauung. Unbebaute und bebaute Grundstücke werden damit gleich hoch besteuert. Zusätzlich kann die Grundsteuer eingesetzt werden, um unbebaute Flächen noch einmal zusätzlich zu belasten.
Die Grundsteuer ist maßgeblich von der Grundstücksgröße , der Gebäudefläche, sowie von der Wohnlage abhängig. Unterschieden wird dabei zwischen einer „normalen“ und einer „guten“ Lage des Grundstücks.
Maßgeblich für die Berechnung der Grundsteuer sind in Hessen die Grundstücksgröße, die Nutzungsart des Gebäudes (zum Beispiel Wohngebäude), sowie die Lage (Bodenrichtwert).
Hier spielen neben der Grundstücks- und Gebäudefläche zusätzlich die Nutzungsart der Immobilie (zum Beispiel für Wohnzwecke) und ein Lagefaktor eine Rolle (Bodenrichtwert).
Die Modelle von Hamburg, Hessen und Niedersachsen ziehen das Flächenmodell Bayern’s als Ausgangsbasis heran. Zusätzlich werden jedoch Lageparameter berücksichtigt, sodass Grundstücke in besseren Lagen höher besteuert werden als Grundstücke in mäßigeren Lagen
Laut Bundesregierung soll die Grundsteuerreform nicht dazu genutzt werden, um die Gesamtbesteuerung zu erhöhen. Letztlich muss jedoch die Verteilung gerecht gestaltet werden. Von denjenigen Eigentümern, die bisher vergleichsweise wenig gezahlt haben, wird nun also eine höhere Grundsteuer verlangt werden und umgekehrt. Laut Handelsblatt „kommen Eigentümer in Münchner Bestlagen besonders gut weg, während in Ostdeutschland in vielen Fällen mit einer stark steigenden Grundsteuer zu rechnen ist.“
Mit der Grundsteuer C wird es jedoch in jedem Fall für Eigentümer von unbebauten Grundstücken in allen Bundesländern außer Bayern teurer.
Den neuen Grundsteuerbescheid erhalten Eigentümer wohl erst 2024 von den zuständigen Finanzämtern. Ob dies so eintrifft, ist aktuell allerdings noch fraglich. Bis kurz vor Fristende lagen im Januar gerade einmal 69% der Grundsteuererklärungen vor. Zudem ist bereits jetzt mit Klagen und Einsprüchen gegen die Bescheide zu rechnen, da auch in Bezug auf die neuen Berechnungsmethoden verfassungsrechtliche Bedenken geäußert werden.
Grundsätzlich zeigt jedoch auch die Reformation der Grundsteuer, dass die Debatte um hohe Bodenpreise und ungenutzte Flächen lauter wird. Die Politik versucht sich diesen Themen mehr und mehr zu widmen und sucht nach geeigneten Instrumenten, um den Wohnraummangel auch mit bodenpolitischen Maßnahmen nachhaltiger zu bekämpfen. Da Grund und Boden nicht vermehrbar ist, folgt in diesem Zuge auch immer die soziale Frage nach der gerechten Verteilung der Flächen und der erzielten Gewinne durch Wertsteigerungen. Das Baulandmobiliserungsgesetz und die Grundsteuer C sind erste Antworten.
Es bleibt abzuwarten, welche weiteren politischen Maßnahmen in Zuge der Bekämpfung der Wohnungsnot ergriffen werden. Der SPD Generalsekretär Kevin Kühnert forderte zum Beispiel bereits 2021, dass Wertzuwächse von Grundstücken vollständig abgeschöpft werden.
Zudem ist es auch dieses mal noch nicht ersichtlich, ob alle Modelle dem Gleichheitsgrundsatz, wonach Steuerpflichtige durch ein Steuergesetz gleichmäßig und fair belastet werden müssen, nachkommen. Verschiedene Kritiker einzelner Modelle äußerten verfassungsrechtliche Bedenken. In mehreren Bundesländern wurden bereits Klagen angekündigt.
Eine hilfreiche Übersichtsseite des Bundesfinanzministeriums mit häufigen Fragen und Antworten zur Grundsteuer und der Reform finden Sie übrigens hier
Disclaimer
Es handelt sich bei allen Informationen und Empfehlungen in unserem Ratgeber maßgeblich um gewonnene Praxiserfahrungen. Diese wollen wir mit Ihnen teilen, um Ihnen hilfreiche Tipps zu geben und häufig gestellte Fragen bestmöglich zu beantworten. Für die Auskünfte können wir jedoch keine Gewähr auf Vollständig- und Richtigkeit übernehmen.