Der deutsche Grundstücksmarkt ist von enormer Bedeutung, obwohl er normalerweise im Schatten des Immobilienmarktes steht. Er spielt eine Schlüsselrolle in Bezug auf steigende Immobilienpreise, die Erreichung von Klimazielen und sogar auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land. Doch die mangelnde Transparenz und die begrenzte Verfügbarkeit von Daten führen zusätzlich dazu, dass er in diesen Debatten vernachlässigt wird.
Daher ist es unser Anliegen über den Markt aufzuklären und wichtige Zahlen transparent und einfach darzustellen. In diesem Beitrag werden wir den deutschen Grundstücksmarkt im Jahr 2022 eingehend analysieren. Dabei verwenden wir aktuelle und vergangene Statistiken des Statistischen Bundesamtes als Grundlage.
Bei den Statistiken „Kaufwerte für Bauland“, die wir als Basis heranziehen, handelt es sich laut Statistischem Bundesamt nicht um eine echte Preisstatistik. Vielmehr haben sie den Charakter einer Grundeigentumswechselstatistik, bei der durchschnittliche Kaufwerte ermittelt werden. Bei einer Grundstücksbewertung ist und bleibt es daher unabdingbar, das Grundstück individuell nach Lage, Beschaffenheit und Nutzungsmöglichkeit zu beurteilen. Die nachfolgenden Zahlen dienen daher nicht dazu, eine Grundstücksbewertung vorzunehmen, sondern dazu, bundesweite und länderspezifische Trends im Grundstücksmarkt aufzudecken
Im Jahr 2022 wurden insgesamt 58.753 unbebaute Grundstücke in Deutschland verkauft. Diese umfassen Wohnbauflächen, gemischte Bauflächen, gewerbliche Bauflächen und Sonderbauflächen.
Die Anteile der Verkäufe nach der Art der Baufläche verteilen sich folgendermaßen:
Bei 97% der Wohnbauflächen handelt es sich um baureifes Land.
Der Großteil der ver- und gekauften der Grundstücke wird als für das Wohnen genutzt. Die Verteilung ist quasi identisch zum letzten Jahr.
Doch bei der Betrachtung der Anzahl der Grundstücksverkäufe über einen längeren Zeitraum wird deutlich, dass die Zahl im letzten Jahr drastisch zurückgegangen ist. Tatsächlich lag die Anzahl der Transaktionen in keinem der letzten 20 Jahre so niedrig wie in 2022.
Seit dem Jahr 2010 lag die Anzahl der Baulandverkäufe konstant über 80.000. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen wir damit einen Rückgang von über 31%.
Diese Zahl verdeutlicht auf eindrucksvolle Weise die äußerst schwierige Marktsituation, die seit Anfang 2022 herrscht und zu einem Einbruch im Immobilienneubaugeschäft geführt hat. Grundstückäufer sind nicht mehr länger am Ankauf interessiert, da sich der Neubau laut Experten kaum oder gar nicht mehr rentabel umsetzen lässt. Grundstückseigentümer haben auf der anderen Seite in unsicheren Zeiten kein Interesse daran, ihr Land zu niedrigeren Preisen zu verkaufen.
Zu beachten ist, dass land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, Ruinen- und Trümmergrundstücke, Grundstücke mit abbruchreifen Gebäuden (Abrissgrundstücke), und Grundstücke auf denen ein Bauverbot liegt in keiner Statistik erfasst werden. Abrissgrundstücke machen jedoch unserer praktischen Erfahrung nach besonders in Städten einen nicht unwesentlichen Teil des Marktes aus. Hier gibt es also eine nicht zu bestimmende, und wahrscheinlich nicht unerhebliche, Dunkelziffer
Trotz des allgemeinen Rückgangs bei den Grundstücksverkäufen behält Bayern, als größtes Flächenland, seine Position als das Bundesland mit den meisten verkauften Grundstücken. Niedersachsen folgt auf dem zweiten Platz, gefolgt von Nordrhein-Westfalen. Zusammen machen diese drei Bundesländer knapp die Hälfte des Marktes aus.
Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen weisen ähnliche Anteile wie im Vorjahr an den Gesamtverkäufen von Grundstücken auf, nämlich zwischen 6 und 8%. Die übrigen Bundesländer tragen vergleichsweise nur gering zu den Gesamttransaktionen bei.
Um den allgemeinen Rückgang der Grundstücksverkäufe auf regionaler Ebene besser nachvollziehen zu können, haben wir die prozentuale Veränderung der Transaktionen im Vergleich zum Vorjahr in einer Tabelle nach Bundesländern aufgeführt. Diese verdeutlicht eindrucksvoll, wie erheblich die Anzahl der Grundstücksverkäufe in jedem Bundesland gesunken ist. Besonders auffällig ist der drastische Rückgang in Bayern, Hamburg, Hessen und Schleswig-Holstein, wo ein Minus von über 35% verzeichnet wurde.
Das Statistische Bundesamt hat seit 2021 keine Daten mehr darüber erhoben, wer die Verkäufer und Käufer der Grundstücke sind. Aus diesem Grund verweisen wir an dieser Stelle auf die letzte verfügbare Statistik aus dem Jahr 2020.
Laut dieser werden fast die Hälfte aller unbebauten Grundstücke von Privatpersonen verkauft. Privatpersonen sind auch die Hauptkäufer auf dem Markt. Der Grundstücksmarkt wird also hauptsächlich von natürlichen Personen bestimmt.
Weitere 32% der unbebauten Grundstücke werden von Gemeinden und Gemeindeverbänden veräußert. Die restlichen Verkäufe entfallen auf juristische Personen, Wohnungsbauunternehmen sowie den Bund und die Länder.
Die meisten veräußerten Grundstücke sind, wie im vergangenen Jahr, zwischen 500 m2 und 1000 m2 groß. Circa 20% liegen der Grundstücke liegen unter 500 m2 und weitere 20% zwischen 1000 und 3000 m2. Nur ein kleiner Anteil der veräußerten Flächen sind kleiner als 300 m2 oder größer als 3000 m2. Damit gleicht die Verteilung quasi dem letzten Jahr.
Bauland insgesamt
Um die allgemeine Verteuerung von Bauland zu bewerten, werfen wir einen Blick auf die Entwicklung des Kaufwerts für Bauland insgesamt. Dieser umfasst alle Arten von Bauland, einschließlich Rohbauland, baureifes Land, wirtschaftlich genutztes Bauland (Industrieland) sowie sonstiges Bauland (Land für Verkehrszwecke und Freiflächen).
Zur Erinnerung: In den vergangenen Jahren blieb auf der einen Seite die jährliche Anzahl der Grundstücksverkäufe stets konstant, während auf der anderen Seite der Kaufwert für Bauland jedes Jahr neue Rekordwerte erreichte. Doch auch dieser langanhaltende Trend wurde im letzten Jahr unterbrochen. Erstmalig seit Jahren ist nicht nur die Anzahl der Grundstücksverkäufe signifikant gefallen, sondern auch der durchschnittliche Kaufwert pro Quadratmeter Bauland.
Nachdem der Kaufwert für Bauland insgesamt im Jahr 2021 einen Rekordwert von 148,84 € pro m2 erreichte, fiel er in 2022 auf 138,76 € pro m2
Baureifes Land
Besonders auffällig ist die Preisentwicklung bei baureifem Land, der am häufigsten nachgefragten Art von Bauland (siehe oben). Hierbei handelt es sich um Grundstücke, die sofort bebaut werden können.
Um dies zu verdeutlichen, werfen wir einen Blick auf die Vergleichswerte der Jahre 2012 und 2022. Besonders Berlin, Hamburg, Brandenburg und Sachsen veranschaulichen, wie extrem sich die Situation auf dem deutschen Grundstücksmarkt entwickelt hat. Vor zehn Jahren lag der Kaufwert für 1 Quadratmeter baureifes Land in Berlin beispielsweise noch bei 346,33 €. Dieser Wert liegt im Jahr 2022 bei beeindruckenden 1.282 € – eine Steigerung von 270%. Auch in Hamburg, Brandenburg und Sachsen verzeichnen die Kaufpreise Steigerungsraten von 200% und mehr.
Zusätzlich ist anzumerken, dass die Statistik im vergangenen Jahr sieben Bundesländer zeigte, in denen die Kaufpreise für baureifes Land im Vergleich zum Vorjahr sanken. Im Jahr 2022 liegen die Kaufpreise hingegen in allen Bundesländern außer Brandenburg und Hessen über dem Niveau des Jahres 2021.
Daher erreichte der bundesweite Kaufwert für baureifes Land im Jahr 2022 einen neuen Rekordwert von 236,02 € pro Quadratmeter (im Vergleich zu 224,92 € pro Quadratmeter im Jahr 2021)
Die Zahlen des deutschen Grundstücksmarkts für das Jahr 2022 spiegeln die Auswirkungen der aktuellen Marktsituation präzise wider. Der Immobilienneubau ist laut Experten unter anderem aufgrund der Auswirkungen der massiv gestiegenen Finanzierungs- und Baukosten sowie der fehlenden Förderungen eingebrochen. Dies führte, wie die obige Statistik zeigt, zu einem erheblichen Rückgang der Grundstücksverkäufe und -käufe.
Dennoch bleibt der Grundstücksmarkt von großer Bedeutung, da die bestehende Wohnungsnot durch die aktuelle Entwicklung weiter drastisch verschärft wird. Der Rekordpreis für sofort bebaubares Bauland verdeutlicht, wie begehrt das knappe Gut „Boden“, besonders in beliebten Regionen wie Berlin oder Hamburg, ist und bleiben wird.
Entscheidend wird nun sein, wie die Marktteilnehmer auf die anhaltend schwierige Marktsituation reagieren, um die Anforderungen an bezahlbaren Wohnraum und nachhaltige Stadtentwicklung zu erfüllen. Fakt ist, dass Boden in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle spielen wird. Denn einerseits spiegelt sich der Preis für Boden letztlich in den Miet- und Kaufpreisen für Immobilien wider. Andererseits birgt die zunehmende Versiegelung von Boden unter anderem ein erhebliches Risiko für Überschwemmungen und Hitzeinseln.
Gleichzeitig steigt die Konkurrenz um Flächen weiter an, weil Boden zum Beispiel auch für den Ausbau erneuerbarer Energie elementar ist. Wir erwarten, dass sich dies in den folgenden Jahren noch stärker in den Preisen widerspiegeln wird.
Um die Daten mit dem letzten Jahr zu vergleichen, können sie hier den Beitrag über den Grundstücksmarkt 2021 lesen
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