Landgrabbing in Deutschland

24. Februar 2023
Aktualisiert am 16. Oktober 2023
Preise Ackerland Entwicklung und Vergleich Übersicht nach Bundesländern

Auf der Website des Statistischen Bundesamts heißt es hierzu:

Die durchschnittlich gezahlten Kaufpreise für landwirtschaftliche Grundstücke sind in Deutschland und den meisten Bundesländern in den vergangenen Jahren stark angestiegen. […] Die beobachteten starken Anstiege der Kaufpreise werden in der politischen Diskussion unter anderem auf die Käufe von Land durch außerlandwirtschaftliche Investoren zurückgeführt.

Die Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen können Sie hier beim Statistischen Bundesamt abrufen

Verdrängung und extremes Höfesterben

Neben den niedrigen Erzeugerpreisen ist es vor allem der Druck durch steigende Pacht- und Kaufpreise für Boden, der viele Landwirte dazu zwingt ihren Betrieb aufzugeben. Denn sobald fremde Investoren Agrarland kaufen, erhöhen sie die Pachtpreise sukzessiv. Die Betriebspleiten, die darauf folgen, locken wiederum weitere Investoren an.

Im Jahr 2000 gab es in Deutschland noch fast 460.000 Agrarbetriebe. Von diesen sind 2020 noch rund 256.000 übrig. Politiker sprechen deshalb vom „extremen Höfesterben“ und dem „Ausbluten der ländlichen Räume“

Ökologische Folgen

Der Eigentümerwechsel zieht auch ökologische Folgen mit sich, denn nachdem sich das Land im Eigentum von Investoren befindet, entscheiden diese, was und wie auf den Flächen angebaut wird – und dabei handelt es sich um möglichst gewinnbringende Produkte und Strategien.

Deshalb wird einerseits das Ziel verfolgt möglichst große Flächen höchst automatisiert zu bewirtschaften, umso wenig Arbeitskräfte wie möglich beschäftigen zu müssen und Skaleneffekte zu erreichen.

Die EU-Subventionen, die Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen ausgezahlt bekommen, werden übrigens nach Hektar bewirtschaftetem Land bezahlt und nicht nach der Anzahl von geschaffenen Arbeitsplätzen. Dies wird von vielen Landwirten zusätzlich kritisiert

Andererseits werden Nahrungsmittel produziert, die auf dem Weltmarkt den meisten Profit erbringen. Dabei handelt es sich vor allem um Energiepflanzen wie Mais, Raps, Zuckerrüben und Weizen.

Infolgedessen bauen Großbetriebe auf ihren Flächen vor allem Monokulturen an, die sie mit schweren, möglichst automatisierten Maschinen bewirtschaften. Für eine maximal große Ernte werden zusätzlich vielerlei Pestizide und Düngemittel verwendet.

Ein Beispiel: Der Bauunternehmer Kurt Zech, baut auf seinen über 20.000 Hektar Ackerland vor allem Mais für Biogasanlagen an. Zum Vergleich: Das entspricht einer ungefähr der Fläche von zwei Drittel Münchens

Laut Experten findet so die falsche Bodenbearbeitung, zur falschen Zeit mit zu schweren Maschinen statt. Dies führt dazu, dass in Deutschland über die Hälfte der Böden in Deutschland als erosions- und verdichtungsgefährdet sind. Der Boden sei quasi „nicht lebendig“.

Neben den Auswirkungen auf die Bodenqualität ist die Bewirtschaftungsform zudem schlecht für die Luft, das Grundwasser sowie die Artenvielfalt. Experten sind deshalb der Meinung, dass die Nachhaltigkeitsziele Deutschlands oder der EU nicht erreicht werden können, sofern sich die Bewirtschaftungskonzepte nicht ändern.

Soziale Probleme

Der große Umverteilungsprozess in Ostdeutschland barg vielerlei Konflikte zwischen der BVVG und den Landeigentümern. Zahlreiche ehemalige Genossenschaftsmitglieder fühlen sich noch heute übergangen und betrogen. Laut einer Studie der Universität Jena waren fast alle (über 95%) der LPG-Umwandlungen grob fehlerhaft und hätten von den zuständigen Registergerichten nicht eingetragen werden dürfen. Zudem wurde festgestellt, dass zwischen 85 und 90% der ausgeschiedenen LPG-Mitglieder nicht ausreichend entschädigt wurden.

Bei diesen Zahlen scheint es nicht verwunderlich, dass die BVVG über die Jahre hinweg Millionenbeträge für Gerichtsverhandlungen bereithielt.

Darüber hinaus trägt die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft festgestellte „unfaire Situation auf dem Bodenmarkt“ (siehe unten) zum großen Unmut unter deutschen Landwirten bei. Seit Jahren ist das Thema bekannt, seit Jahren fühlt man sich nicht gehört.

Das Forschungsprojekt und die Ergebnisse der Studie: „Marktmacht in landwirtschaftlichen Bodenmärkten“ im Auftrag des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft finden Sie hier

 

Genau wie im Immobilien- bzw. Grundstücksmarkt braucht es in Deutschland demnach dringend mehr Klarheit über die Eigentumsverhältnisse bei landwirtschaftlichen Flächen.

 

Das Thünen-Institut ist das Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei. Es wurde als wissenschaftlich unabhängige Forschungseinrichtung an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft eingerichtet. Hier finden Sie viele interessante Publikationen rund um den landwirtschaftlichen Bodenmarkt von Andreas Tietz

 

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